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Diese Rezension stammt von Dr. Ralf Manthey (Quelle: Amazon). Sie beschreibt das vorliegende Werk sehr treffend und wird hier als Zitat angeführt. Trotz aller Sympathie und intellektuellen Witzes halte ich die Ansichten von André Kostolany für überholt und durch die dramatischen Veränderungen an den Wertpapiermärkten für nicht mehr zeitgemäß. Gerade die Entwicklung in den vergangenen 15 Jahren zeigt, dass die Strategie "Kaufen und liegen lassen." nicht die Ultima Ratio sein kann. Trotzdem als geistreiche und amüsante Lektüre geeignet. Wie sagte doch der Meister: "Hausse ist Champagner, Mercedes und schöne Frauen, Baisse ist U-Bahn, ein Glas Bier und Mama."
"Kostolany war ein Liebling der Medien, ein Unikum, das man gerne zeigt. Und die
Leute lieben solche Typen. Wenn er bei n-tv auftrat und seine Weisheiten zum
Besten gab, dann war das amüsant. Mehr aber auch nicht. Und so wie er sich
selber in der Öffentlichkeit zelebrierte, so ist auch sein letztes Buch: Am Ende
weiß man nicht so recht, wozu es eigentlich nützt, aber es liest sich dafür gut.
Kostolany erklärt uns wie volkswirtschaftliche Parameter und die psychologische
Verfassung der Massen die Finanzmärkte beeinflussen. Der Leser soll lernen, was
die Märkte so machen werden, wenn diese oder jene Situation eintritt. Aber lernt
er das wirklich? Wenn ich einem hinreichend intelligenten Menschen einen
Aktienchart zeige und ihm erkläre, daß man an den Wendpunkten short oder long
gehen soll, kann er das dann auch tatsächlich, wenn er nicht in die
Vergangenheit sieht, sondern in die Zukunft? Wird er die Situation dann
überhaupt erfassen, und falls er es tut, wird er dann auch folgerichtig handeln?
Und wenn er gehandelt hat, wird er mit seiner Position danach richtig umgehen?
Ich wage das zu bezweifeln. Man lernt aus den gleichen Gründen auch das
Spekulieren eines Kostolany nicht durch einen gelehrten, aber gerade deswegen
oberflächlichen Blick in die Vergangenheit. Eines der großen Rätsel dieses
Universums wird für mich immer die Frage bleiben, wie Leute, die vorgeblich
Amateure oder gar Neulinge an den Finanzmärkten sind, nach dem Lesen eines oder
gar dieses Buches der Meinung sein können, sie hätten nun verstanden, wie die
Börse läuft.
Kostolany hat sich selbst stolz den Titel Spekulant verliehen.
Und die Spekulanten sind die Guten, die wahren Künstler eben. Neben ihnen gibt
es in seiner etwas vereinfachten Börsenwelt noch die Fondmanager und die
Spieler. Fondmanager sind seiner Meinung nach die ewigen Verlierer, weil sie so
selten die Indizes schlagen. Die Spieler hingegen sind die Bösewichte an der
Börse. Sie haben keine Ahnung vom richtigen Spekulieren und handeln nach
Techniken, die Kostolany für schrecklichen Unsinn hält. Nun arbeiten aber die
wenigen Menschen, die dauerhaft Gewinn an den Finanzmärkten machen, heute fast
ausschließlich mit solchen Techniken. Diesen kleinen Irrtum kann man ihm aber
nicht ernsthaft vorwerfen. Das war einfach nicht mehr seine Zeit, und er hat
diese Techniken, die weit weg von irgendeiner primitiven Chartanalyse
angesiedelt sind, auch nie wirklich verstanden oder verstehen wollen. Im
Gegensatz zu diesen erfolgreichen Leuten, die meist nur Insidern bekannt sind
und aus gutem Grund die Öffentlichkeit scheuen, gibt es in unserer Zeit nur noch
einige wenige ernsthafte Spekulanten vom Kostolany-Typ. Sie versuchen zu
erkennen, was die ökonomische Zukunft bringen wird und positionieren sich vorher
entsprechend. Sie handeln auf lange Sicht und brauchen, wenn sie davon leben
wollen, viel Geld. Ansonsten müssen sie Vorträge halten und Bücher schreiben.
Dem Leser dieses Buches wird nach seiner Lektüre das Spekulieren kaum dauerhaft
gelingen, denn Kostolany hat seine Kunst nicht dadurch gelernt, daß er das Buch
eines anderen Spekulanten gelesen hat, sondern durch eine harte Ausbildung und
zahlreiche Erfahrungen in seinem langen Leben. Schließlich war er wie jeder
tolle Spekulant wenigstens zweimal pleite. Viel Spaß also beim Spekulieren
lieber Leser. Und beachten Sie Kostos Gebote Nummer 2 und 4: Genügend Geld
haben, um nicht unter Druck zu kommen und hart und zäh bleiben, wenn man
überzeugt ist. Besonders Gebot 4 führt in der Regel schneller in die erste
Pleite als man denkt. Und dann Gebot Nummer 3 verinnerlichen: Geduld haben, denn
erstens kommt alles immer anders und zweitens anders, als man denkt. Schließlich
zum Trost auch noch Gebot Nummer 5: Elastisch sein und immer damit rechnen, daß
in der Vorstellung ein Irrtum vorlag. Na, wenn das nichts ist."
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